Luluvoyage: Bled & Bohinj

#ifeelsLOVEnia
Wir entdecken Slovenien

Wir sind genug im städtischen herumgetrampelt und heute geht es mit dem Bus vom Hauptbahnhof aus ins 1 ½ Stunden entfernte Bled. Da Slovenien recht kompakt ist, ist Ljubljana der ideale Ausgangspunkt für diverse Tagestouren. In Bled erwarten uns ein idyllischer See umhüllt von Bergpanorama, eine verlassene, sprich von Touristen überrannte Insel, sowie die obligatorische Burg. Doch zuvor beanspruchen wir noch eine Touristenfalle für uns.

Als wir am Schalter die Bustickets für die Fahrt nach Bled kaufen, wird uns ein Komplettpaket mit Schleife drum bestehend aus Bootsfahrt zur Insel, Zutritt zu der Kirche auf dieser und regionalem Süßkram mit Sahenhaube untergejubelt. Überzeugendes Argument: wir müssen uns vor Ort nicht mehr um den Kauf der Tickets kümmern. Als wir mit dem Bus ankommen, laufen wir um den halben See, um zur Bootsanlegestelle zu gelangen. Vor Ort kein Schild, keine Touristen, kein Mann mit Schiebermütze, der unsere Fahrscheine sehen will. Wir suchen Rat bei einem der Fährmänner und zeigen ihm unsere Tickets. Und damit nimmt das Drama seinen Lauf. Sie sehen  hier eine Tragödie in drei Akten, man könnte sagen die Gentrifizierung der slovenischen Einöde.

Lake Bled © Karl Schaeffler

Männer tragen ihren Kampf aus, wir verstehen kein slovenisch

So stellt sich im folgenden heraus, dass wir früher am Morgen Tickets eines findigen Geschäftsmannes erworben haben, welcher sich mit dem Pfarrer der besagten Insel zusammengetan hatte. Nun sind die anwesenden Bootsmänner davon wenig amused, denn offensichtlich waren sie bisher alleinige Seemacht, doch nun sollte der Kommerz Einzug erhalten. Und um den ganzen noch die Krone aufzusetzen: die – nennen wir sie Einheimischen – pflegen  seit jeher die Tradition der Pletnas, der traditionellen Ruderboote und für die Fortbewegung mit diesen braucht es Manneskraft und trainierte Oberarme. Der findige Geschäftsmann hingegen hat sich ein Motorboot angeschafft. Es ist allerdings umstritten, ob dieses überhaupt auf dem Bleder See schippen darf. Die Bootsmänner zweifeln das jedenfalls an und raten uns abzuwarten. Als sich  nach einiger Zeit ein Motorboot der Anlegestelle nähert, welches enorme Ähnlichkeit mit dem auf unserem Ticket aufweist, wird die Bootsmänner-Schar unruhig und versammelt sich letztendlich um das just angedockte Wasserfahrzeug. Und jetzt wird eigentlich nur noch gezofft, gefetzt und gezankt. Männer tragen ihren Kampf aus, wir verstehen kein slovenisch. Einer der Einheimischen – etwa in unserem Alter, Sonnenbrille auf der Nase und wie gesagt mit äußerst beeindruckenden Oberarmen – nähert sich uns mit der Ansage, dass er unser Ticket einbehalten werde und wir nun mit ihm mitfahren werden. Okay Business ist Business, aber wir sind soeben zum Spielball eurer Geschäftigkeiten geworden und das fühlt sich nicht gerade nach Urlaub an. Wir sind etwas verdutzt und sehen es uns an. Ein paar Brocken Englisch der anderen Einheimischen lassen uns verstehen, dass das Vorgehen des Geschäftsmannes total illegal ist und ja gar nicht gehen würde. Na bitte, solange wir auf unsere Insel kommen ist uns alles Recht. Achja und meinen Süßkram will ich aber bitte auch. Wir setzen zur Fahrt an – wie vom kühnen Bootsmann befohlen auf seinem Pletna. Ist uns sowieso viel lieber, weil im Touristenführer steht, dass «wer noch nicht mit einer Pletna gefahren ist, Bled nicht richtig besucht hat« und das werde ich mir nicht unterstellen lassen. Der junge Bootsmann stemmt also mit seinen kräftigen Oberarmen im Stehen die Ruder.

Lake Bled © Luisa Sancelean

Ankunft auf der Insel Blejski otok

Auftritt des Pfarrers. Dieser hat uns schon erwartet und begrüßt uns mit einem feuchten Händedruck. Es folgt eine Tonbandansage an Entschuldigungen: »Die Pletnars würden nicht akzeptieren können, dass hier von seiner Wenigkeit und dem findigen Geschäftsmann (oder vielleicht ist dies auch ein und dieselbe Person) ein für Touristen äußerst attraktives Angebot geschaffen wurde, bestehend aus zackiger Motorbootstour, zeitlich unbegrenztem Inselhopping und Kuchenschmaus. Die Einheimischen hingegen hätten nur die Bootstour mit begrenzter Verweildauer zu bieten. Wir allerdings würden unser rundum Sorglospaket wie gehabt bekommen, inklusive Kirchenbesichtigung, und Potica (einem Wallnusskuchen). Da unsere Tickets allerdings als Beweismaterial von den Einheimischen entwendet wurden, muss uns der Pfarrer bis zur Bäckersfrau und dem Kirchenmann begleiten, um zu bezeugen, dass wir die wohl ersten Besitzer und Nutzer des Sonder-Touristen-Tickets sind. Den Luxus nutzen wir aus und verweilen eine kleine Ewigkeit auf der Insel. Sagen wir es mal so: Wir haben viele asiatische Touristen kommen und wieder gehen sehen. Da wir aber noch einen weiteren See an diesem Tag auf dem Programm stehen haben, begeben wir uns dann doch wieder wie vom Pfarrer angewiesen zum  geheim gelegenen Steg, von dem aus das Motorboot uns zurück zum Festland bringt. Die gesamte Fahrt über halten wir unsere Köpfe tief gesenkt und hoffen von den Einheimischen nicht erkannt zu werden.

Insel im Bleder See © Karl Schaeffler

Lake Bled © Karl Schaeffler

Lake Bled © Luisa Sancelean

Lake Bled © Karl Schaeffler

Zurück am Ufer laufen wir die Promenade zurück, um uns auf der anderen Seite des Sees den Weg zur Burg von Bled zu brechen, welche auf einem 139 Meter hohen Felsen über dem See thront. Die älteste Burg Sloveniens Blejski grad bietet mit ihren Aussichtsterrassen einen atemberaubenden Blick über den See, sowie die umliegende Landschaft mit den Bergen der Karawanken und der Julischen Alpen. Allein dafür lohnt sich der Eintrittspreis von zehn Euro in jedem Fall. Weitere kleine Highlights sind die Schmiedewerkstatt, das Burgmuseum und der Burgweinkeller, wo wir uns auch eine Flasche Rotwein als Andenken gönnen. Als besonderes Souvenir ist es hier auch möglich sich seine eigene Flasche abfüllen zu lassen und mit einem Korken und einem Wachssiegel zu versehen.

Blejski grad

Blejski grad © Luisa Sancelean

Allzu lang halten wir uns nicht auf der Burg auf, denn wir müssen das nächste Gefährt Richtung Lake Bohinj erwischen. Mit uns sitzen dutzende Schulkinder im Bus, die gerade auf dem Heimweg sind. An jedem Dorf wird ein Kind herausgelassen. Es gibt viele Kinder und viele Dörfer. Doch wir erreichen sicher unser zweites Ziel an diesem Tag. Vor uns liegen die Julischen Alpen und mittendrin der Bohinjsko jezero – der größte natürliche Gletschersee Sloveniens und Teil des Triglav-Nationalparks. Ein ganz zauberhafter und magischer Ort. Leider will ich das zunächst nicht so recht erkennen, denn meine angeborene Unlust was das Laufen anbelangt hindert mich daran einer Seeumrundung motiviert gegenüber zu stehen. Man bedenke aber, dass der Weg um den See gute 11 Kilometer beträgt – dass wir das im Rahmen der zweiten  Tageshälfte und bis Einbruch der Dunkelheit noch schaffen ist zumindest für mich offensichtlich abwegig. Allerdings sind nicht alle Beteiligten dieser Reise meiner Meinung. Wir treten also unseren Weg an und schauen wie weit wir kommen. Kurzfassung: Genau bis zur gegenüberliegenden Seite und damit zur nächsten Bushaltestelle. Aber jetzt habe ich den wichtigsten Teil übersprungen. Dieser Ort war uns auf dem gesamten Pfad entlang eine unglaubliche Kulisse. Wir sind über ausgetrocknete Wasserzuläufe gestiegen, haben in die Gipfel der Berge geblickt und die absolute Einsamkeit genossen. Touristen gibt es hier zu dieser Jahreszeit (Ende April) so gut wie gar nicht, der See liegt uns also ganz allein zu Füßen. Am Ende des Tages schaukelt uns der Bus müde und völlig beseelt zurück nach Ljubljana. Ich glaube ich liebe Berge von unten.

Lake Bohinj © Karl Schaeffler

Lake Bohinj © Karl Schaeffler

Lake Bohinj © Karl Schaeffler

Lake Bohinj © Luisa Sancelean

Lake Bohinj © Karl Schaeffler

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